Golf von Thailand

Um 6 Uhr lichtete ich den Anker und segelte los, um gegen 20 Uhr des folgenden Tages die Grenze zu Thailand zu überfahren. In der kommenden Nacht sollte sich die Segelszene aber schlagartig ändern. Nun schien vor mir das Meer zu brennen, denn tausende Nachtfischer erhellten mit ihrer grellen Fischfangbeleuchtung das Meer. Dazwischen kreuzten die Schleppnetzfischer, die keinerlei Rücksicht nahmen und so musste ich höllisch aufpassen, um nicht in ihren langen, paarweise von zwei Fischerbooten gezogenen Netzen zu landen. Hatte noch in Malaysia jedes kleine Boot ein AIS-System an Bord, so vermisste ich dies bei den thailändischen Fischern gänzlich. Ständig musste ich den Kurs ändern, denn oft hatte ich den Eindruck, die Fischer änderten ihre Kurse absichtlich oder kamen aus Neugier auf mich zu. Sichtlich genervt war ich froh, als die Sonne über die Kim kroch und mir das navigieren leichter machte. Gegen Mittag kam Wind auf und ich konnte die Segel setzen. Abends setzte dann Starkwind ein woraufhin ich die Segelfläche verminderte. Als gegen 22 Uhr der Wind noch weiter zunahm, wollte ich das Großsegel weiter einrollen, dabei riss aber die Bergeleine. Das Segeltuch rollte wieder komplett aus und kanonenartiges Schlagen des Segels machte mich fast taub. Schnell löste ich das Großfall und zog das Tuch aus dem Mast. Bis ich es dann auf dem Baum festgebunden hatte, verging einige Zeit und ich war ziemlich geschafft. Meine nächsten Ankerplätze waren Pak Phanag und 47 Meilen weiter nördlich in der großen Bucht bei Khanom.

 

Am zweiten Tag dort bekam ich heftige Schmerzen in der Bauchgegend. Ich setzte mit dem Dingi an Land, hatte aber wegen der Schmerzen nicht mal mehr die Kraft es hochzuziehen. Ich sicherte es mit dem Anker an Land und lies mich mit einem Motorrad ins nächste Krankenhaus bringen. Etwa einhundert Leute warteten auf Behandlung oder Medizin. Als man mich sah, wie ich mich vor Schmerzen krümmte, nahm man mich nach einer Stunde dran. Man verabreichte mir ein Paket Medizin und entließ mich wieder. Am Schiff angekommen, überprüfte ich die Medikamente und stellte fest, dass sie für eine Magenverstimmung waren. Jedoch bezweifelte ich stark, dass der Magen mein Problem war. Ich schluckte nach Anweisung die erste Ladung Tabletten und haute mich in die Koje. Die Schmerzen aber nahmen zu und ich verabreichte meinem geschundenen Körper zwei Schmerztabletten Ibuflam 600. Danach wurde es eine Zeit lang etwas besser, aber schon in der Nacht trieben mich die Schmerzen fast zum Wahnsinn. Ich rief meinen Freund Markus in Ingolstadt an, der nach einer Stunde den Oberarzt eines Krankenhauses an der Strippe hatte. Nachdem ich ihm meinen Medikamentenvorrat aufgezählt hatte, riet er mir zu Amoxiclaf 600.

Die nächsten drei Tage waren die reinste Hölle für mich! Ohne Essen lag ich in der Koje und dachte, „das war’s, jetzt musst du den Löffel abgeben.“ In meinem Leben hatte ich schon viele Schmerzen ertragen müssen und ich sagte oft „Schmerzen kann ich mental unterdrücken“, aber dieses Mal hatte ich keine Macht über mich. Manche Male war ich Stunden bewusstlos und war beim Erwachen froh, dass einige Stunde vergangen waren. Als ich nach der Einnahme von Iboflam einigermaßen bei Sinnen war, rief ich Thomas an, einen Freund, der schon viele Male auf meiner Yacht zu Besuch war und erzählte ihm von meinem Problem und der Region meiner Schmerzen. Nach seiner Rücksprache mit einem Arzt und Zuhilfenahme des Internets rief er wieder zurück und war der Meinung, es sei die Bauchspeicheldrüse. Da ich schon von der Gefährlichkeit der kranken Drüse gehört hatte, beschäftigte sich mein Gehirn mit dem Tod. Öfters sprach ich mit Gott und mir vielen die Worte des Dalai Lama ein: „Lerne zu sterben bevor du stirbst“. Ich hatte keine Angst davor zu sterben, meine einzige Angst war, abhängig von anderen Menschen hilflos zu leiden bis der Tod eintritt. In diesem Moment der unsagbaren Schmerzen, wünschte ich mir nur, dass es schnell ginge. Doch sollte ich den Horror hier überleben, war mir klar, ich würde sofort nach Deutschland fliegen, um mich dort durchchecken zu lassen. Am vierten Tag dann wurden die Schmerzen erträglicher und am fünften waren sie schon komplett weg. Und so ging ich Anker auf ins neue Leben.

 

Noch einige Tage auf einer einsamen Insel südlich von Ko Samui genoss ich meine Wiedergeburt, bis mich der nächste Schock in Ko Samui traf. Eine Inselgruppe, vollgepfropft mit Hotels, Bars und Nutten ließen mich bald wieder Anker aufgehen. An der Ostseite von Ko Phangan und Ko Tao verlebte ich in einsamen Buchten einige schöne Tage. Nur die tagsüber ständig umherfahrenden Tauchboote trübten die Idylle. Am 28. August um 2 Uhr lichtete ich den Anker und segelte die 48 Meilen rüber ans Festland. An den folgenden Tagen hangelte ich mich von Insel zu Insel und besuchte schöne Nationalparks mit teils wunderschönen Höhlen.

 

Am 8. September erreichte ich morgens die Racer Marina (www.racer-marina.com) im Fluss Pranburi südlich von Hua Hin. Hunderte großer Fischfangboote hatten im Fluss vor der Einfahrt zur Marina festgemacht, um ihre nächtlich gefangene Beute auszuladen, das störte meine Durchfahrt aber nicht. Als ich in die Marina einlief, staunte ich nicht schlecht. Ich hatte nicht erwartet, eine saubere Marina mit so vielen Stellplätzen darin vorzufinden. Ein Schweizer Unternehmer hatte dieses ehemals verwahrloste Objekt gekauft und auf das Feinste wieder auferweckt. Vladimir, der Manager, ein überaus zuvorkommender Franzose, hob die Yacht am nächsten Morgen sofort an Land, damit ich mich die folgenden Tage mit dem Anstrich des Unterwasserschiffes beschäftigen konnte. Etliche, anstehende Schweißarbeiten wurden von seiner netten Crew zur vollsten Zufriedenheit erledigt und Diesel wurde besorgt. Internet stand kostenlos zur Verfügung und so gewöhnte ich mich schnell auch an das warme Wasser in den blitzsauberen Duschen. Als ich zehn Tage später meine Rechnung beglich, staunte ich über den im Vergleich zu anderen äußerst günstigen Preis. Für mich war es die angenehmste Marina meiner vergangenen 30 Jahre rund um den Globus. Am 21. September 2017 verließ ich um 16 Uhr die Marina und hatte geglaubt, sie nie wiederzusehen. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt.

 

Die Nacht erforderte wegen der Nachtfischer wieder größte Aufmerksamkeit. Als ich gegen 4 Uhr morgens die Insel Ko Phai passierte, hörte ich unter dem Schiff einen lauten Rumms. Ich leuchtete das umliegende Wasser ab doch ich sah nichts. An der Insel Ko Lan ließ ich den Anker fallen, denn ich war tot müde. Lautes Motorenbrummen und stetiges Schaukeln weckten mich und ich ging am nächsten Morgen wieder an Deck. Hunderte Speedboote rauschten von Pattaya mit Tagesgästen an Bord herüber. Sofort ging ich Anker auf, um das Weite zu suchen. Nach etwa dreißig Minuten aber war Schluss, der Antrieb hatte seinen Geist aufgegeben. Ich tauchte bei eingelegtem Motorgang unter das Schiff, doch der Propeller ließ sich leicht drehen. Mir war klar, der Z-Antrieb oder die Dämpferplatte zwischen Motor und Getriebe war gebrochen. Ich ahnte Schlimmes. Sofort setzte ich den Außenborder auf die Motorhalterung, fuhr in die Ocean Marina und holte den Motor hervor. Es war die Dämpferplatte. Ein Anruf bei Volvo in Phuket versetzte mich ins Grauen, denn das Ersatzteil sollte 1.700 Euro kosten. Mein Freund Gerry bestellte mir eine Platte in Deutschland für 670 Euro, die nach 5 Tagen auch schon unterwegs nach Thailand war, aber nicht so schnell bei mir ankommen sollte. Drei Wochen hielt ich mich in der sauteuren Marina auf, doch die Dämpferplatte kam einfach nicht. Ich verließ die Marina dann wieder wegen der immensen Preise und legte mich ein paar hundert Meter davor vor Anker. Somit musste ich mir die nächsten Wochen die Seele aus dem Leib schaukeln lassen.

Am 7. November kam mein Freund Renni an Bord, der mir einige Monate helfen sollte, unter anderem mein Buchmanuskript zu überarbeiten. Eine Woche später war es dann auch endlich soweit und das ersehnte Ersatzteil aus Deutschland erreichte die Zollstelle von Pattaya. Für noch einmal 160 Euro Zollgebühren sollte ich es im vierzig Kilometer entfernten Haupthafen abholen. Ich baute sie sofort ein und war sichtlich erleichtert, dass bis auf die kaputten Lichtmaschinen wieder alles funktionierte.

 

Am 16. November fuhren wir gemeinsam mit dem Bus nach Surin im Nordosten Thailands, um das dort alljährlich stattfindende „Elephant Round up“ zu besuchen. Ein drei Tage dauerndes Fest der Superlative. Zwei- bis dreihundert Elefanten versetzten uns mit ihren Vorführungen ins Staunen. In dem nur dreißig Kilometer entfernten „Elefantendorf“ Ban Tha Klang leben mehr als zweihundert Elefanten mit ihren Mahouts in fast schon familiärem Einklang, weswegen das Fest zur Huldigung der Dickhäuter in der Provinzhauptstadt Surin stattfindet. Da nach einem sinnvollen Erlass der Regierung der land- und forstwirtschaftliche Einsatz von Elefanten verboten worden war, waren die Mahouts gezwungen, mit Elefantenreiten und Elefantenfütterungen an Touristenorten den Unterhalt der schweren Genossen sicherzustellen.

Das Fest begann mit dem sogenannten Elefantenfrühstück, bei dem sich die Elefanten nach großartigen Darbietungen von kunstvoll geschmückten Tänzerinnen und jungen Männern in kriegerischer Kostümierung an einem mehrere hundert Meter langem Buffet, bestehend aus Mais, Zuckerrüben, Zuckerrohr und Früchten wie Ananas und Melonen, den großen Wanst vollschlagen konnten. Am folgenden Tag fand dann die Hauptattraktion des ganzen Festes statt. Im Stadion von Surin wurde in mehrstündiger Aufführung das Zusammenleben der Elefanten mit den Menschen des Landes in neun Akten dargestellt. Von der Domestizierung über imposant kriegerisch dargestellte Auseinandersetzungen bis hin zu einem Fußballspiel konnten die Giganten ihr erlerntes Wissen darbieten. Dieses Fest ist der alljährliche Höhepunkt in der Provinz Surin und wird von einigen Rand-Veranstaltungen in der Umgebung abgerundet. So fand abends im etwa vierzig Kilometer entfernten Sikhoraphum ein gigantisches Lichterfest mit Aufführungen bei einem der ältesten Tempel der längst vergangenen Khmerepoche statt.

Wieder auf dem Schiff angekommen, bekam ich riesigen Ärger von der Ocean Marina, da ich ohne Bekanntmachung mein Dingi in der Marina hatte liegen lassen und man je Tag 35 Euro von mir kassieren wollte. Dies verweigerte ich strikt und so erhielt ich Marinaverbot. Obwohl ich ihnen schon durch den dreiwöchigen Aufenthalt 800 Euro in den gierigen Hals gestopft hatte, ließen sie von seemännischer Höflichkeit fremden Seglern gegenüber nichts erkennen. Als ein Mechaniker an Bord kommen musste, da die für teures Geld reparierten Lichtmaschinen immer noch nicht funktionierten, stellte er fest, dass die elektrische Verkabelung teilweise falsch war und sie dadurch mit der Zeit den Geist aufgegeben hatte. Als er von Bord war, lichtete ich direkt am nächsten Morgen den Anker und nahm Kurs zur Racer Marina bei Hua Hin auf der anderen Seite des Golfes. Durch den Kontakt mit dem Treibgut einige Wochen zuvor war nicht nur die Dämpferplatte gebrochen, sondern ich hatte auch Salzwasser im Getriebe des Antriebes. Also musste das Schiff wieder an Land gehoben werden. Dies hätte ich auch in der Ocean Marina machen können, aber diesen unfreundlichen Leuten wollte ich keinen Cent mehr geben. Nach stürmischer Überfahrt von 65 Seemeilen war ich dann wieder in meiner Lieblingsmarina angekommen und aller Stress war erst einmal vergessen.

Ich bleibe sportlich, du auch?

Sichere dir satte 25 % RABATT auf ein SUP mit meinem GUTSCHEIN

Mein drittes Buch ist da:

Der Paradiesjäger - Der Wüste lebt

Erhältlich auf amazon.de, auf meiner Webseite und in deiner Buchhandlung.

Einblicke in mein Leben:

Allerlei Fotos, Videos und tolle Neuigkeiten. "Like" meine Seite und du verpasst nichts mehr : - )

Druckversion | Sitemap
© Wolfgang Clemens & styx media