Afrika - 52.000 Kilometer auf dem Landweg durch 30 Länder

Ein Jugendtraum trieb ihn unbarmherzig voran. Er musste die wildlebenden Gorillas von Uganda sehen und wartete deswegen tagelang wartete in Mgahinga auf einen Dschungeltrip. Endlich fand er mit einem Führer eine Zwölfergruppe dieser Tiere, in der sogar zwei Silberrücken dabei waren. Der Führer der Gruppe erhob sich drohend, trommelte brüllend in Tarzan-Manier auf seine Brust und näherte sich dem graubärtigen Opa aus Deutschland. Vor seinen Füßen legte er sich gemütlich-grunzend nieder und hatte nur Augen für seinen neuen Freund. Gangerls Führer war absolut sprachlos, denn er hatte in seiner zehnjährigen Guide-Tätigkeit so etwas noch nicht erlebt. Dieses gleiche, unbändige Gespür, zeigte der Abenteurer auch beim Besuch vieler unzivilisierter Primitivkulturen. Sehr oft gelangte er an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit, aber sein jahrelanges Motivationstraining weckte immer wieder neue Kräfte in ihm. Ein Arztfreund sagte ihm einmal einen Spruch, der für ihn wie ein Leitfaden durch das Leben ist: „Wenn du zum ersten Mal sagst, ich kann nicht mehr, hast du erst ein Zehntel deiner Kraft verbraucht.“ Ein weiterer Antrieb für Gangerl war der Film, den er in seiner Jugend sah: „Soweit die Füße tragen.“

 

Er hatte über drei Jahrzehnte zuvor seine Kunstschmiede gegründet, obwohl zu dieser Zeit überhaupt kein Markt dafür da war. Er hatte sich eine 18 Tonnen schwere Yacht gebaut, obwohl er absolut ein Laie war. Er kaufte sich eine Kneipe im Wald und machte einen Publikumsrenner daraus. Seine kopfgesteuerten Erfolge machten ihn auf seine Art arrogant. An die zehnmal schrammte er nur mit Glück am Tod vorbei, doch er wollte immer wieder dem Teufel in den Rachen spucken. Er begab sich in Länder mit Bürgerkriegen, verbrachte Monate unter unmenschlichen Bedingungen in chaotischen Gefängnissen. Immer sah er dabei den berühmten Hoffnungsschimmer, denn er glaubte immer, er hätte einen heißen Draht nach oben. Angst kannte er nicht. Er schlief allein zwischen Nilpferden und Krokodilen an den Murchison Falls in Uganda. Er machte die Pokots in Kenia mit Maisbier betrunken, weil er sich dadurch bessere Chancen ausrechnete, sie fotografieren zu dürfen. Daraufhin wäre die Szene fast eskaliert. Er flog mit dem Drachen über die Victoriafälle zwischen Sambia und Simbabwe, war beim Wildwater-Rafting auf dem Nil und dem Sambesi. Er unternahm Safaris zu Fuß und auf dem Rücken von Elefanten. Er sprang von der 110 m hohen Victoriabrücke und begab sich auf aufregende Kanusafaris. Beim Besuch der Ovahimbas in Angola und Namibia knallte er beim Rückweg nach Swakopmund in der Skelettküste in ein Erdloch und unter einem funkensprühenden Knall zerbarst die einzige Batterie im Jeep. Gott aber sendete in die gottverlassene Gegend einen Wagen, der ihn rettete. Als er beim Abseilen am Tafelberg hing, fasste er den schier unmöglichen Entschluss, auf dem Landweg nach Deutschland zu trampen. An der Grenze von Swaziland wurde Clemens nachts um Haaresbreite erschossen. Die Soldaten hielten ihn für einen Autodealer. Obwohl er die Kugeln der vorbeipfeifenden Geschosse spürte und wieder einmal im Knast landete, setzte er seinen Weg unbeirrt fort.

In Kenia erwischte ihn die Malaria tropica, weswegen der Professor des englischen Tropeninstituts keinen Pfennig mehr auf sein Leben gab. In Nordkenia, auf dem Weg zu den Turkana-Nomaden, wurde er von Somali-Shiftas bis aufs Hemd ausgenommen. Wieder schickte ihm Gott einen Engel in der Gestalt eines italienischen Vogelforschers, der ihm mit Ausrüstung aus der Patsche half. Die in seiner Unterhose versteckten 3000 US-Dollar hatten die Banditen übersehen. In Äthiopien wanderte Gangerl wegen Waffenbesitzes wieder in den Knast, auch wenn es nur eine Gaspistole war. Wieder frei, trampte er 8.500 Kilometer durch das alte Kaiserreich. Er half beim Bau eines Papyrus-Bootes, um zu den Tissisat-Wasserfällen zu gelangen. Er besichtigte die Kaiserstadt Gonder, die Steinkirchen von Lalibella, die Bergkirchen Abuna Yemeta in Guh. Hübsch ausgesehen haben auch die Mädchen des Afar-Stammes. Obwohl muslimischen Glaubens, sind sie topless gekleidet. Doch sie leben in einer grauenvollen Kultur, da ihnen als Kind in einem Initiations-Ritual die Klitoris herausgeschnitten und die Vagina zugenäht wird. In Harar trifft sich der Abenteurer mit dem Hyänenmann, der nachts regelmäßig fünfzig wilde Hyänen von Mund zu Mund füttert. An der Grenze zu Somalia wurde er wiederum vom Militär verhaftet, weil er sich auf verbotenem Gebiet aufhielt. Ein absolutes Highlight für den Kulturburschen war dann das Gebiet um den Omo-Fluss. Er trampte nach Jinka, kaufte sich ein Reit- und Packmuli und ritt zu den Surma- und Mursi-Stämmen mit den großen Tontellern in der Unterlippe. Unterwegs starb sein Reitpferd und so musste er tagelang zu Fuß gehen. Weitere Höhepunkte waren seine Besuche bei den Hama-, Galeb- und Karo-Stämmen, die mit ihren Lehmkonstruktionen in den Haaren wahre Künstler sind. Er besuchte noch den Bume-Stamm und überquerte danach für kurze Zeit auf dem Pferd wieder illegal die Grenze zum Sudan. Dort entdeckte er einen unbekannten Stamm, der total nackt lebt. Einzige Auffälligkeiten waren Piercings und unzählige Narben am ganzen Körper, die durch gewollte Hauteinschnitte entstehen.

 

Zurück in Addis Abeba traf Gangerl sich mit Karl-Heinz Böhm, der ihm zu einem Arbeitsvisum verhalf, da es kein Visum für Touristen gab. Er ließ sich in einer Spedition anstellen und fuhr anschließend als Arbeiter getarnt mit einem LKW-Fahrer und einer Ladung Kaffee in den Sudan nach Khartum. Um durch das kritische Land reisen zu können, verabschiedete er sich dort von seinem Kollegen und begab sich mit einem Vorwand in ein Krankenhaus. Die Sicherheitspolizisten haben ihn gleich verhaftet. Zwei Wochen wurde er als mutmaßlicher Spion verhört, gefoltert und schließlich mit Militärbegleitung per Zug nach Wadi Halfa zur Grenze gebracht und nach Ägypten abgeschoben. Wieder einmal hatte er unsagbares Glück, denn im Sudan verschwinden jede Menge Menschen auf unerklärliche Weise. Dass er da mit heiler Haut herausgekommen war, verdankte er seinem langen weißen Bart und seiner muslimischen Kleidung.

 

Als er in Assuan ankam, mietete er sich ein Auto und fuhr wieder verbotenerweise zum Tempel von Abu Simbel. Auch dort bekam er Schwierigkeiten und wurde von einer Militärstreife verhaftet. Nach seiner Entlassung segelte er mit einer Feluka nach Luxor. Flussabwärts besuchte er fast alle historischen Denkmäler der Pharaonen. In Giseh mietete er sich ein Kamel und ritt zu den Stufenpyramiden von Sakkara. Nach dem Besuch der Oase Siwa, an der libyschen Grenze, wo Alexander der Große gekrönt wurde und Cleopatra gebadet hatte, überquerte der Tramp den Suezkanal und bestieg den Berg Moses. Er durchstreifte die Wüste Wadi Rum und startete der Felsenstadt Petra einen Besuch ab. Nach einem Bad im Toten Meer pilgerte Gangerl zur römischen Kultstätte Jerasch und zu vielen anderen Altertümern.

 

Als man ihm kein Visum nach Syrien geben wollte, schaltete er den deutschen Botschafter ein und schon ging die Reise weiter nach Damaskus. Über die Kultstadt Aleppo trampte der Landstreicher durch die Türkei nach Istanbul. Dort verweilte er sehr andächtig auf der Bosporus-Brücke, unter der er knapp zwölf Jahre zuvor mit seiner Yacht hindurchfuhr. Der Kreis um die Welt hatte sich für ihn geschlossen. Unter schwierigen Bedingungen kämpfte er sich noch durch die Balkanländer nach Deutschland. Der verlorene Sohn stand am Heiligen Abend 1999 vor der Tür seiner Mutter.

Ich bleibe sportlich, du auch?

Sichere dir satte 25 % RABATT auf ein SUP mit meinem GUTSCHEIN

Mein drittes Buch ist da:

Der Paradiesjäger - Der Wüste lebt

Erhältlich auf amazon.de, auf meiner Webseite und in deiner Buchhandlung.

Einblicke in mein Leben:

Allerlei Fotos, Videos und tolle Neuigkeiten. "Like" meine Seite und du verpasst nichts mehr : - )

Druckversion | Sitemap
© Wolfgang Clemens & styx media